Christuskirche
Burgkunstadt
 
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Gemeindechronik



12.10.2010:
"Auf festem Grund" Vortrag von Rudi Fetzer



Rudi Fetzer signiert seine Chronik:"Auf festem Grund"

„Mit Ihrem Vortrag haben Sie uns allen passend zum 75jährigen Kirchenjubiläum unsere Christuskirche und das Leben der evangelischen Christen in Burgkunstadt transparenter und somit noch ein Stück näher gebracht.“ Diese Dankesworte richtete Pfarrer Heinz Geyer an Rudi Fetzer, der im bis auf den letzten Platz gefüllten Gemeindehaus die Gemeindechronik „Auf festem Grund“ erstmals der Öffentlichkeit vorstellte und dabei neben dem Bau der Christuskirche die Anfänge der evangelischen Christen und den daraus resultierenden Wunsch nach einer selbstständigen Kirchengemeinde in den Mittelpunkt seiner Lesung stellte. Dabei schaffte es Rudi Fetzer wie bereits vor einem Jahr im Rahmen seines Werkes „Borkuschter Mosaik. Eine etwas andere Stadtgeschichte“ anlässlich der 950-Jahr-Feier der Stadt erneut, interessante geschichtliche Fakten rund um das Entstehen einer evangelischen Kirchengemeinde in Burgkunstadt mit unterhaltsamen Passagen rund um die an den Ereignissen beteiligten Personen zu verbinden, was den 90minütigen Vortrag äußerst kurzweilig und ungemein lebendig machte. Dabei legte Fetzer den Schwerpunkt seines Vortrags auf die Anfänge der evangelischen Christen in Burgkunstadt, um später den Bogen zum Bau der Christuskirche und dem Einzug des ersten evangelischen Pfarrers in Burgkunstadt zu spannen. „75 Jahre Christuskirche zu beschreiben, kann unmöglich bedeuten, bei 1935 zu beginnen,“ erklärte Fetzer und legte folgerichtig seinen Fokus zunächst auf die Zeit der Reformation. In den ersten Jahren nach 1517 hatten sich demnach viele Pfarreien im Bistum Bamberg der neuen Lehre von Martin Luther zugewandt – darunter auch Burgkunstadt, da es in unmittelbarer Nachbarschaft zum Herrschaftsbereich der Markgrafen zu Kulmbach und Bayreuth lag. Diese hingen - wie viele Adelige der damaligen Zeit - am lutherischen Gedankengut und führten immer wieder Kriege gegen den Bischof von Bamberg, welche aber auch machtpolitisch begründet waren. Im Oktober 1553 griff beispielsweise der kriegswütige Markgraf Albrecht Alcibiades mit seinen Truppen im „Markgrafenkrieg“ die Stadt an und besetzte sie. Als er wieder abzog, legte er Feuer in der Oberstadt, die daraufhin in Flammen aufging. Die Unterstadt verschonte er dagegen, weil er sich die Gunst der dort lebenden Juden und evangelischen Bewohner erhalten wollte. Seit 1582 entschied auch die Konfession in Burgkunstadt, nach welchem Kalender man sich in der Zeitrechnung orientierte. Die „Lutherischen“ hielten sich an den alten, julianischen und die Katholiken an den neuen, gregorianischen Kalender. Beide differierten um zehn Tage. Aber zunächst hatte das keine großen Auswirkungen, denn 1598 berichtete der Vogt, dass die ganze Stadt evangelisch sei, er als Amtsperson wäre der einzige Katholik. Doch gerade im Zuge der Gegenreformation reihten sich Ereignisse aneinander, die in der Chronik zu Recht die Kapitelüberschrift „Leidensweg einer Minderheit“ tragen. Zwischen 1624 und 1820 war beispielsweise kein Evangelischer in der Oberstadt ansässig. Außerhalb der Stadtmauern, also in der Unterstadt/Kulmbacher Straße, konnten sich die Lutherischen auch nicht mehr länger im ursprünglichen Ausmaß halten. Die evangelischen Adeligen auf dem Burgberg und aus dem Umland konnten nämlich nicht mehr den Schutz ihrer protestantischen Untertanen gewähren. Auch die so genannte „Schwarzacher Bauernschlacht“ im November 1632 trug dazu bei, dass sich die Gegensätze zwischen Katholiken und Protestanten fortan zum Hass vertieften. Ab 1624 war die alte Lehre im eigentlichen Hochstiftsgebiet verbindlich für alle dort lebenden Menschen geworden. Für Burgkunstadt bedeutete dies, dass sich die Menschen hier sich zur alten kirchlichen Lehre bekennen mussten. So änderte sich bis zum Ende des Hochstifts Bamberg und dem Übergang in die bayerische Landeshoheit im Jahre 1803 nichts Wesentliches an dem geringen Anteil der evangelischen Einwohner in Burgkunstadt, obwohl die Einwohnerzahlen und der Anteil der Juden ständig stiegen. Aufbruchstimmung bei den evangelischen Christen kam dann erst Anfang des 19. Jahrhunderts auf. Im Jahre 1818 wurde durch die bayerische Verfassung die Rechtsordnung erzwungen, dass auch für Burgkunstadt und Umgebung die Anwendung der Freizügigkeit gegeben war. Damit war es auch Andersgläubigen erlaubt, Bürger der Stadt zu werden. Trotzdem war es für keinen evangelischen Neubürger einfach, sich einzugliedern und sesshaft zu werden, wenn man ihm spüren ließ, dass man in Burgkunstadt keine Andersgläubigen haben wollte. Das lag auch daran, dass die katholischen „Vollbürger“ in der Oberstadt hartnäckig auf ihre Privilegien beharrten und deshalb oft im Streit mit den jüdischen Bewohnern der Unterstadt lagen, zu denen sich nun auch evangelische Neubürger gesellten. So gesehen waren es im wirtschaftlichen Bereich und in der Stadtverfassung begründete Gegensätze, die ein friedliches und harmonisches Miteinander von Katholiken und Evangelischen zum damaligen Zeitpunkt verhinderten. Dennoch habe es etliche mutige evangelische „Pioniere“ gegeben, die allerdings zahlenmäßig deutlich in der Minderheit waren (1844: 1332 Einwohner, davon lediglich 87 Protestanten). Anhand des Beispiels des Flößers Petz aus Küps, der sich in eine evangelische Burgkunstadterin verliebt hatte, belegte Fetzer beispielhaft und aus heutiger Sicht mit ironischem Unterton versehen, wie entbehrungsreich ein Umzug ins „katholische Borkuscht“ der damaligen Zeit war: „ Als die beiden Verliebten schließlich heirateten, nahm der Bräutigam vorsichtshalber seine Floßhaken und Kameraden zur Hochzeitsfeier mit.“ Doch erst ab dem Jahre 1870 fanden evangelische Familien festen Boden in Burgkunstadt, was später noch durch den Zuzug von Beschäftigten in den entstandenen Schuhfabriken verstärkt wurde. Zwischen 1844 und 1893 hatte sich die Zahl evangelischer Bürger demnach von 87 auf 167 fast verdoppelt. Doch bis 1900 lebte noch immer kein Protestant in der Oberstadt und der Umgangston zwischen katholischen und protestantischen Bürgern war zuweilen äußerst rau. Ein neues und entscheidendes Kapitel für die Entwicklung hin zu einer selbstständigen Gemeinde war die Errichtung einer evangelischen Schule. Am 1. Mai 1900 wurde diese in der Vogtei eröffnet. Das dadurch gewachsene Selbstvertrauen der evangelischen Bürger führte in der Folgezeit auch zu dem Wusch eines eigenen Gotteshauses, der wenig später vor allem durch den von Hans Weber gegründeten Geselligkeitsverein vorangetrieben wurde. Sowohl die Friedhofserweiterung im Jahre 1921, nach der auch protestantische Bürger dort beerdigt werden durften, sowie der erste in Burgkunstadt gehaltenen evangelische Gottesdienst am 26.12.1923 im Sitzungssaal des Rathauses bauten bestehende Vorurteile gegenüber den Protestanten ab. „Der Bann der Gehässigkeit war gebrochen!“, erklärte Fetzer. Bei der Suche nach einem geeigneten Bauplatz für die eigene Kirche half wieder einmal die Eingebung einer einzelnen Person weiter. Eines Tages schaute der damalige Kirchenvorsteher Konrad Weber von seinem Dachfenster in der Rangengasse auf den gegenüberliegenden „Limmersrangen“. Offensichtlich muss er dabei auf die Idee gekommen sein, dass dieser Hang oberhalb der Rangengasse der geeignete Platz für eine Kirche sein könnte, denn er informierte den zuständigen Strössendorfer Pfarrer Paul Kohler von seinem Plan. Der Geistliche kam und überzeugte sich – ebenfalls mit einem Blick durch das Dachfenster – von der idealen Lage des „Limmersrangen.“ Nun galt es noch die kritische Kirchengemeinde für diesen Standort zu gewinnen. Fetzer beleuchtete anschließend ausführlich den Bau der Christuskirche und die damit verbundenen Schwierigkeiten. Am 20.10.1935 war es dann schließlich soweit: Die Christuskirche wurde eingeweiht. Fetzer erläuterte dieses historische Ereignis mit Originalzitaten aus der damaligen Tagespresse. Nach den schweren Zeiten des 2. Weltkrieges folgte 1955 der nächste Meilenstein: Am 5. November zog mit Joachim Bomhard der erste evangelische Pfarrer mit seiner Frau in das neu erbaute Pfarrhaus ein. Der äußerst kontaktfreudige Geistliche sorgte in den Folgejahren dafür, dass die selbstständig gewordene Gemeinde in Burgkunstadt nicht nur toleriert, sondern auch mehr und mehr geschätzt wurde. „Die evangelischen Christen waren endlich angekommen!“, erklärte Rudi Fetzer und verwies auf weitere wichtige Etappen, die in der Chronik ausführlich beschrieben werden. Zum Abschluss seiner Lesung zog Fetzer auch Bilanz aus Sicht des Jahres 2010, indem er erklärte, dass die evangelische Kirchengemeinde, die zu Recht den Ruf einer einladenden Gemeinde hat, heute nicht mehr aus dem sozialen, kulturellen und religiösen Leben der Stadt wegzudenken sei. Fetzer appellierte in diesem Zusammenhang an die anwesenden Stadträte sich dafür einzusetzen, auch bei der Kirchweih der Christuskirche in Zukunft für die Beflaggung des Rathauses zu sorgen. „Dies wäre gerade im geschichtlichen Rückblick ein angemessenes Zeichen der Anerkennung gegenüber dieser engagierten Gemeinde“, so Fetzer unter dem zustimmenden Applaus der Anwesenden. Im Anschluss an die Lesung bedankte sich Pfarrer Heinz Geyer bei Rudi Fetzer für die Monate lange Arbeit an der insgesamt 300 Seiten umfassenden Chronik und bei Manfred Kirchinger (Umschlag), Manfred Schneider (Schriftsatz) und dem Team um Hannes Beuerle (Fotos und Layout) für die hilfreiche Unterstützung bei der Umsetzung dieses Mammutprojekts. Zudem freute sich Pfarrer Geyer der Gemeinde verkünden zu dürfen, dass die Friedrich-BAUR-GmbH einen namhaften Betrag zur Finanzierung der Chronik beigesteuert hat. Diese Zusage übermittelte Marion Konrad von der Friedrich-BAUR-GmbH. Sie war zudem als Vertreterin des katholischen Pfarrgemeinderats zu Gast im Gemeindehaus. Gleiches galt für Maria Bauer als Leiterin von Regens Wagner Burgkunstadt. Auch Heidi Kraus von der Kulturgemeinde Burgkunstadt richtete Worte des Danks und der Anerkennung an Rudi Fetzer für den wichtigen Beitrag zur schriftlichen Fixierung dieses bedeutsamen Kapitels der Stadtgeschichte. Nach der Lesung nutzten viele die Möglichkeit, die Chronik käuflich zu erwerben und anhand einer kleinen Bilderausstellung den Werdegang der evangelischen Kirchengemeinde nachzuvollziehen.


 
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