17.11.2013: Eine feste Burg ist unser Gott
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Bei Familie Luther am Tisch: Das Abendessen bei Familie Luther diente als Rahmenhandlung, in der Martin Luther (Volker Kuhn, links) beginnt, seinen Kindern, seiner Ehefrau Katharina von Bora (2.v.links, Nicole Dorsch) und der etwas schusselig wirkenden Haushälterin (rechts, Alexandra Breitwieser) von seinem Leben und Wirken zu erzählen.
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Einmal den berühmten Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ mit dessen ‚Schöpfer’ Dr. Martin Luther anstimmen – diese ungewöhnliche Gelegenheit bot sich den Besuchern der Christuskirche bei der Aufführung des Kinder- und Familienmusicals „Martin Luther“. Unter der Gesamtleitung von Angelika Geyer feierte die Gemeinde-Musical-Gruppe „Christical“ eine begeisternde Premiere.
Der Aufwand der Aufführung war absolut beeindruckend: Über viele Wochen und Monate hatten sich etwa 30 Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus der Gemeinde liebevoll und mit viel Sinn für Details mit dem Musical aus der Feder von Heiko Bräuning auseinandergesetzt. Belohnt wurden die Laiendarsteller mit dem tosenden Applaus einer sehr gut gefüllten Christuskirche. Ganz nebenbei erlaubten die Darsteller passend zur Lutherdekade einen interessanten Einblick in das bewegte Leben des Kirchenreformators, hatten aber abseits aller historischen Fakten und Ereignisse vor allem eine Botschaft für das Publikum: Der Mut und die Hoffnung, die Martin Luther zu Zeiten der Reformation vorantrieben, können auf vielfältige Weise auch Vorbild für Groß und Klein sein.
Denn der Musicalgruppe ging es keineswegs darum, die Unterschiede zwischen katholischer und evangelischer Kirche zu betonen. „Heute geht es auch darum, dankbar dafür zu sein, dass das Zusammenleben zwischen katholischen und evangelischen Christen so friedlich ist“, erläuterte beispielsweise Pfarrer Heinz Geyer zu Beginn.
Friedlich ging es zu Lebzeiten Luthers nicht immer zu. Beim gemeinsamen Abendessen mit seiner Frau Katharina von Bora (Nicole Dorsch), seinen vier Kindern und der etwas schusselig wirkenden Haushälterin (Alexandra Breitwieser) kommt Martin Luther (Volker Kuhn) auf Nachfragen seiner Kinder ins Erzählen. Mit Augendzwinkern aber zugleich auch einer gehörigen Portion Engagement erzählt der Familienvater rückblickend von seinem bewegten Leben, das ihn nach behüteter Kindheit und Jugend zum Studium nach Erfurt führte. Nach erlebter Todesangst während eines Gewitters wird er Mönch, der sich später dem Theologiestudium widmet. Die Lebensstationen wurden durch die Musicalgruppe immer wieder durch passende und eingängige Liedbeiträge bereichert. So erklärt Luther seinen Kindern in einem schmissigen Lied, dass es wichtig ist, lebenslang zu lernen. Er stimmt "Ora et labora" an und erläutert so, wie er als Mönch durch Beten und Arbeiten Gott gefallen wollte.
So richtig ins Rollen kommt Luthers Temperament, als er von Johann Tetzel (Mathias Heppner) erzählt, der sich im Auftrag des Papstes als Eintreiber des Ablass einen Namen gemacht hat und am Sonntag auch in der Christuskirche auf Geldjagd ist. Sein ‚Kassenschlager’ „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Feuer springt“ versetzt Luther selbst im Rückblick noch in Rage. „So ein Märchen! Lüg’ uns nicht an! Lass den Quatsch, wir glauben nicht daran!“ schimpft der gesamte Muscialchor Tetzel an.
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„Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ entgegnet Martin Luther (rechts; Volker Kuhn) dem Kardinal Cajetan (Matthias Heppner) und widerruft somit seine Thesen nicht.
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Eine weitere mit Spannung versehene Begegnung ist die zwischen Luther und Kardinal Cajetan, der den Gelehrten nach dessen Thesenanschlag und der damit eingeläuteten Reformation zum Widerruf auffordert. „Ich weiche keinen Schritt zurück!“ entgegnet Luther mit fester Stimme und fügt hinzu: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen!“ Das hinterlässt nicht nur bei Luthers Kindern Spuren der Anerkennung, die ihren musikalischen Ausdruck im eingängigen „Go down, Martin. Geh’ deinen Weg voran. Gott wird mit dir sein“ findet.
„Man braucht immer wieder gute Freunde als echte Mutmacher“ erläutert Luther die Frage seiner Studenten, wie er diese schweren Zeiten überstanden habe. Einer dieser Freunde war Kurfürst Friedrich, der ihn auf die Wartburg in Sicherheit bringen ließ. Dort übersetzt Luther die Bibel ins Deutsche. „Die Bibel ist fertig und für euch bereit. Nun kann jeder Mensch Gottes Wort verstehen“ stimmt der Reformator gemeinsam mit dem Chor an.
Doch das Musical bietet noch mehr als den Rückgriff auf historische Großereignisse. Als Martin mit seiner Katharina davon erzählt, unter welchen Umständen er den Choral „Vom Himmel hoch da komm ich her“ geschrieben hat, wirkt er deutlich nachdenklicher. Immerhin hatte auch das Ehepaar Luther diverse Schicksalsschläge, darunter den frühen Tod zweier Kinder, zu verkraften. „Gott wird heute und morgen bei euch sein“ – damit erklärt der Familienvater seinen Kindern im Gebet, wie er immer wieder Hoffnung auf seinem bewegten Lebensweg gefunden hat. Das kommt auch beim Publikum an, das sich nach 80 unterhaltsamen und bewegenden Minuten von den Plätzen erhebt, um der bunt gemischten Musicaltruppe die Anerkennung zu verleihen, die es sich auch verdient hat. Am Ende gibt es Blumen für ‚Regisseurin’ Angelika Geyer und für Wolfgang Schnabel, der alle Musikbeiträge am Klavier begleitete und somit die musikalische Verpackung dieser mitreißenden Lebensgeschichte erst möglich gemacht hatte.
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Blumen zum Dank: Den größten Applaus erhielt bei der Musical-Premiere Angelika Geyer als Leiterin und Initiatorin der Aufführung.
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