Papua Neuguinea
Ein fremdes Land aus drei unterschiedlichen Blickwinkeln kennenzulernen - diese Möglichkeit ergab sich in dieser Woche für die Besucher der Ausstellung „Heimat in einem fernen Land“. Durch die Beiträge von Naomi Binora, Dr. Friedrich Flierl und die Fotos von Beatrice Gross wurde bei der Ausstellungseröffnung in der Christuskirche das aus europäischer Sicht so Fremde des Inselstaates Papua-Neuguinea auf äußert anschauliche Art und Weise begreifbar.
Im Mittelpunkt des Interesses stand sicherlich der Vortrag von Kirchenvorsteher Dr. Friedrich Flierl über seinen in Papua-Neuguinea berühmten Ur-Großvater: Johann Flierl war der erste Missionar und somit der Gründer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Neuguinea. Heute leben in Papua-Neuguinea knapp sechs Millionen Menschen, von denen 90 Prozent Christen sind. Eine von ihnen ist Naomi Binora. Die Lehrerin und Theologin aus Papua-Neuguinea war auf Vermittlung von „Mission. Eine Welt“ zu Gast in der Christuskirche und zeigte sich hoch erfreut, in Burgkunstadt von ihrer Arbeit und dem Leben in Papua-Neuguinea zu berichten. Durch ihren Vortrag wurde die Nachhaltigkeit des Wirkens Johann Flierls für alle Besucher begreif- und nachvollziehbar. „Es ist mir eine große Ehre, heute hier auf die Nachfahren von Johann Flierl zu treffen“, erklärte die Lehrerin aus Gatop im Ukata District.
Johann Flierl landete am 12. Juli 1886 als erster Missionar in Papua-Neuguinea und gründete dort 1892 die Missionsstation Sattelberg. „Nach vielen Feindseligkeiten, Krankheiten und Widerständen vollzog mein Ur-Großvater 13 lange Jahre nach seiner Ankunft die ersten beiden Taufen“, erläuterte Friedrich Flierl das historisch so bedeutsame Wirken seines Vorfahren. Und welch tiefe Spuren das Wirken Johann Flierls hinterlassen hat, machte Naomi Binora mit dem Einblick in ihr Leben als Lehrerin deutlich. An ihrer Schule für erwachsene Frauen gilt der Leitsatz „Hilfe zur Selbsthilfe“. „Unsere Schülerinnen sollen vor allem lernen, sich selbst zu versorgen.“ Dass die Frauen Papua-Neuguineas dabei auch auf Widerstände unter den Traditionalisten des Landes oder auf die Grenzen der medizinischen Versorgung stoßen, erfuhren die Besucher durch die zahlreichen Fotos, die Naomi Binor mit im Gepäck hatte. Eine Botschaft blieb dabei besonders in Erinnerung: Der Beitrag, den die Kirche in ihrer Entwicklungsarbeit vor Ort leistet, ist enorm wert- und wirkungsvoll.
Und wie wichtig den Menschen Papua-Neuguineas dabei der christliche Glaube ist, bekam Friedrich Flierl bei seiner letzten Reise in das Land seiner Kindheit hautnah zu spüren. Im Juni 2014 machte er sich mit einer kleinen Reisegruppe auf, um den Spuren seines Ur-Großvaters zu folgen. In den zahlreichen Begegnungen an den ehemaligen Wirkungsstätten Johann Flierls trafen er und der Rest der Reisegruppe immer wieder auf große Dankbarkeit. „Die Einheimischen begrüßten uns nicht nur ausgesprochen herzlich, sondern nahmen uns als Nachfahren Johann Flierls in ihrer Dorfgemeinschaft auf“, so der Burgkunstadter. Besiegelt wurde diese Zugehörigkeit mit einem Ritual, dem sich auch Johann Flierl von fast 130 Jahren ausgesetzt sah: „Vor unseren Augen wurde uns zu Ehren ein Schwein geschlachtet, an dem wir, wie mein Ur-Großvater, vorüber schreiten mussten.“ „Das Schlachten eines Schweins ist ausschließlich für ganz besondere Anlässe vorgesehen“, erläuterte auch Naomi Binora die Bedeutung dieser Geste. Besonders prägend für die Reisegruppe war aber die Einschätzung der Einwohner über das Wirken Johann Flierls.: „Johann Flierl hat uns das Licht der Hoffnung Christi gebracht und die Blutrache beendet!“
Komplettiert wurde dieser hoch interessante Einblick in die Vergangenheit und Gegenwart Papua-Neuguineas durch die Fotos von Beatrice Gross. Sie hatte die Reisegruppe um Friedrich Flierl im Juni begleitet, legte dabei aber den Fokus auf Friedrich Flierls Schwester. Renate Eppelein kehrte damals nach über 40 Jahren wieder nach Papua-Neuguinea zurück und sah sich dabei vor allem mit der Frage konfrontiert, ob dies noch immer ihre Heimat sei. In den eindrucksvollen Fotos, denen sehr oft historische Lichtbilder von Renate Eppeleins Kindheit zur Seite gestellt sind, spiegelt sich dabei auch die Frage wieder, wie man für sich selbst Heimat definiert. Demnach beinhaltet die Ausstellung trotz des individuellen Ansatzes die allgemeingültige Frage nach dem eigenen Verständnis von Heimat.
Die Ausstellung sowie der Filmbeitrag von Friedrich Flierl über seinen Ur-Großvater und die Reise im Juni dieses Jahres können morgen noch im Rahmen des Kirchweihfestes der Christuskirche besucht werden.
|